EXPORT -REKORD

Mit der Rekordhöhe von über 90°/1 stand im Jahr 1932 der Export-Umsatz zu Buch. Es war das große Jahr für Electrostar und wenn nicht alle Zeichen trügten, würden die folgenden Jahre einen Aufstieg bringen, der alle bisherigen Kämpfe und Mühen belohnte.

Die gründliche und erfolgreiche Bearbeitung der ausländischen Märkte war gesichert. Überall wirkten die mit Robert Schoettle nach kurzer Zeit der Zusammenarbeit freundschaftlich verbundenen ausländischen Firmen und Kaufleute erfolgreich für Electrostar und damit für den Absatz guter deutscher Wertarbeit im Ausland.

In 40 verschiedene Länder lieferte das Reichenbacher Werk seine Waren. Bei den Berliner Olympischen Spielen 1936 waren 52 Nationen vertreten; von den Kulturnationen fehlten nur Rußland und Spanien. Fast vier Fünftel aller Staaten der Welt waren demnach Kunden von Electrostar.

Die kaufmännische Seite des Unternehmens, bisher von dem Neffen Adolf Ermer umsichtig und erfolgreich bearbeitet, wurde nach dessen freiwilligem Ausscheiden im Jahre 1932 Herrn Gebhard Bauer übertragen, einem auf Grund seiner seitherigen Tätigkeit bei führenden württembergischen Maschinenfabriken erfahrenen Allroundkaufmann, der besonders als Exportfachmann einen überdurchschnittlichen fachlichen Fundus mit- brachte. Für Robert Schoettle wurde dieser fähige Mann bald der engste Mitarbeiter in der kaufmännischen Verwaltung der Firma. In Steuer- und Buchhaltungsfragen, Vertragsabschlüssen und Verhandlungen mit der Kundschaft hatte der erfahrene und sprachengewandte Prokurist bald das volle Vertrauen des Chefs.

Großzügige Werbemaßnahmen, zu denen jetzt die Mittel vorhanden waren, unterstützten den Geschäftsgang im allgemeinen und das Auslandsgeschäft im besonderen. Es gab keine große technische Ausstellung in allen Kulturländern der alten Welt, bei der Electrostar nicht durch eine interessante Schau vertreten gewesen wäre. Und es gab seit 1922 keine Leipziger Messe, die Robert Schoettle nicht in großzügiger Weise beschickt hätte.

Für ihn war gerade die Leipziger Messe das große Ereignis des Jahres und immer wieder stellte er fest, daß man in Leipzig neben dem verhältnismäßig geringen deutschen Geschäft mehr als einmal gute Exportverbindungen fand und Exportaufträge anständigen Umfangs abschließen konnte.

Das waren die großen Tage für den Mann, der "Electrostar" geschaffen hatte, wenn Monsieur Prunier aus Paris, der erfolgreiche und freundschaftlich gesinnte Generalvertreter für Frankreich, wenn die Gebr. Regoord aus Amsterdam und Hermann Czirolnik aus Prag, die Schweizer Vertreter Bickel aus Winterthur und Seyffert aus Zürich, Monsieur Stern aus Brüssel und die Engländer Morley und Robertson aus Leeds und Hull, um nur die Wichtigsten zu nennen, sich alljährlich in Leipzig mit Robert Schoettle trafen.

Nicht wegen der fälligen Aufträge freute er sich, sondern weil ihm die Messe einen willkommenen Anlaß zu der Planung weiterer Geschäfte mit seinen Vertretern bot und weil er in Leipzig aus berufenem Munde immer wieder bestätigt erhielt: Electrostar ist auf dem richtigen Wege; Electrostar liegt gut!

Noch mehr galten ihm aber die Auffassungen, die man an Ort und Stelle von seinen Erzeugnissen hatte, in Prag etwa oder in London, in Kopenhagen oder in Amsterdam, in Mailand, Genf oder Zürich, in Paris und Antwerpen, in Wien und Budapest und in all den anderen Städten, die als Brennpunkte seines Marktes anzusprechen waren.

Robert Schoettle reiste nicht zum Vergnügen in Europa herum; solche Reisen waren reine Hetzjagden, denn sein Betrieb konnte ihn nicht lange entbehren. Nach Amsterdam z. B. fuhr er in Stuttgart am späten Abend ab, am andern Vormittag wurde verhandelt, am Nachmittag zurückgefahren und am späten Abend war er wieder zu Hause. Die Verpflegung wurde in der Aktentasche mitgenommen, denn die Zeit für lukullische Mahlzeiten in den eleganten Hotels der Weltstädte konnte er nicht in sein Programm ein- kalkulieren.

Ein wichtiger Verhandlungstag in Köln, um ein anderes Beispiel einer Geschäftsreise zu nennen, begann am nächtlichen Morgen in Reichenbach mit einer Nonstopfahrt im Auto und endete kurz vor Mitternacht wieder in Reichenbach; dazwischen lagen stundenlange Verhandlungen über Absatzprobleme und den Aufbau einer Vertreterorganisation.

Diese nimmermüde Arbeitsweise riß nicht nur seine Mitarbeiter mit, sie flößte auch seinen Vertretern und Großabnehmern den nötigen Respekt vor dem fleißigen und von seiner Arbeit besessenen Manne ein.

Bei seinen Reisen ins Ausland empfand er immer wieder eine besondere Freude, denn überall, wo er hinkam, leuchteten .ihm in den besten Verkaufsgeschäften und in den schönsten Ladenstraßen der Weltstädte seine Marke Electrostar und seine Erzeugnisse in wirkungsvoll gestalteten Schaufensterauslagen entgegen.

So eifrig, wie Robert Schoettle draußen Umschau hielt, so gerne kamen seine Vertreter aus allen Ländern nach Reichenbach und nicht selten kam es vor, daß in seinem gastlichen Hause eine so bunte und internationale Runde beisammen war, daß jeder Sessel und jeder Stuhl im Herrenzimmer von einer anderen Nationalität besetzt war. Solche Stunden, in denen vom Geschäft und von den Kindern, von Politik und Liebhabereien die Rede war, festigten den Zusammenhalt der Electrostar-Repräsentanten mehr als ein Dutzend höfliche Briefe.