Im Lehrling steckt ein guter Kern ...

Als Robert Schoettle zu Ostern 1902 bei dem Mechanikermeister August Maurer in der Tübinger Straße in Stuttgart als Lehrling eintrat begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt, ja ein ganz neues Leben. Vom ersten Tag an war Robert, der schon als Bub regstes Interesse an elektrischen und mechanischen Basteleien hatte, in seinem Element.

Daß er das Handwerk eines Mechanikers oder eines Elektrotechnikers er- lernte, stand für ihn längst vor der Schulentlassung fest und da der Vater den Mechanikermeister als einen tüchtigen Fachmann kannte. wurde der Sohn durchaus seinem Wunsch entsprechend Mechaniker .

Fast verschwand der 131/2 jährige Junge in dem ersten blauen Anzug, den er klopfenden Herzens anlegte; aber bald wuchs er nicht nur körperlich sondern auch arbeitsmäßig in das Ehrenkleid des Arbeitsmannes, in den blauen Anzug hinein. Sein Meister und seine Gesellen hatten vom ersten Tage an ihre helle Freude an dem aufgeweckten Lehrbuben. der sich bald als brauchbarer Handlanger und selbständiger Helfer erwies.

Die anfallenden Arbeiten waren auch so recht nach seinem Geschmack. Es gab vornehmlich Reparaturarbeiten an Maschinen aller Art und viel Schraubstock- und Drehbankarbeiten bei der Herstellung aller möglichen Maschinenteile, wie sie eben zur damaligen Zeit von einer Mechanischen Werkstätte hergestellt wurden. Ein besonderes Steckenpferd des tüchtigen Meisters Maurer war die Reparatur von Dampfmaschinen. Und des Meisters Steckenpferd wurde bald das des Lehrlings Robert Schoettle, der mit 15 Jahren an Dampfmaschinen aller Größen und Systeme so gut Bescheid wußte wie ein ausgekochter Monteur. Im Einbauen und Einschleifen der Ventile an Dampfmaschinen, also mit der wichtigsten Teile, war der Lehrling geradezu ein Spezialist, auf den der Meister mit Recht stolz war.

Selbst in seiner Freizeit ließen den mit geradezu fanatischer Liebe an der mechanischen Arbeit hängenden Lehrling die Dampfmaschinen nicht los und mehr als eine Miniatur- Dampfmaschinenanlage entstand während der Lehrzeit unter seinen geschickten Bastlerhänden. Noch heute existieren diese kleinen Meisterwerke im Hause Robert Schoettles.

Weitläufig war die Kundschaft des Meisters Maurer, der als Prüfungsmeister der Stuttgarter Mechanikerinnung in Fachkreisen besonderes An- sehen genoß. Diese Weitläufigkeit der Kundschaft vermittelte dem jungen Lehrling Robert Schoettle viele neue und lehrreiche Eindrücke, denn im alten Stuttgarter Hoftheater oder im Justizgebäude, im Kameralamt oder anderen staatlichen und städtischen Gebäuden interessierte sich der wissensdurstige Lehrling nicht nur für die im Auftrage des Meisters vorzunehmen- den Arbeiten an Dampfmaschinen; ihn interessierte alles in diesen Gebäuden, was mit Technik zusammenhing, die Aufzüge, die Dampfkessel und die übrigen Maschinenanlagen.

Als nach drei Jahren die Lehre beendet war und ein weiteres Jahr als Geselle in der Maurer'schen Werkstätte im Arbeitsbuch des "Mechanikers" Robert Schoettle vermerkt war, hatte er mehr als nur das Mechanikerhandwerk gelernt. Seine im väterlichen Haushalt zwangsläufig anerzogene Selbständigkeit im Denken und Handeln und seine Begeisterung für den Mechanikerberuf hat ihn über seine ganze Lehre hinweg und in dem anschließen- den Gesellenjahr viel mehr lernen lassen, als üblicherweise damals ein Mechanikerlehrling zu lernen bekam. Meister Maurer konnte als Prüfungsmeister darauf verzichten, seinen Lehrling die übliche Gesellenprüfung machen zu lassen, da seinem Urteil nach Robert Schoettle weit über dem bei der Prüfung verlangten Können stand.