TAG UM TAG IN VOLLEM LAUF

Das Holland-Geschäft und das von diesem befruchtete Gesamtvolumen der Produktion und des Exportumsatzes wirkten sich in der Rentabilität des Tag um Tag mit vollen Touren arbeitenden Unternehmens bald sichtbar aus. Waren die Jahre 1931 bis 1934 selbst für die württembergische Industrie, der man eine größere Krisenfestigkeit nachsagt als der deutschen Industrie im allgemeinen, magere Jahre- für Electrostar waren es dank dem großen Exportgeschäft fette Jahre. Die finanziellen Sorgen, die jede Geschäftsausweitung im Gefolge hat, wurden kleiner. Immer seltener mußten die guten Freunde des Hauses mit kurzfristigen Krediten aushelfen und immer

größer wurde das Vertrauen der maßgebenden Herren der seit Jahren von Electrostar benützten Commerzbank in das Reichenbacher Unternehmen. Jetzt hatte Robert Schoettle keine bangen Stunden mehr wie in früheren Jahren, wenn der Zahltag kam.

Selbst jahrelang Arbeiter gewesen und auf den wöchentlichen Zahltag an- gewiesen wie auf das tägliche Brot, wußte Robert Schoettle um alle Fragen, die mit dem Zahltag zusammenhingen. Er wußte, daß es nichts Schlimmeres gibt, als einen verspäteten Zahltag.

Nicht ein einziges Mal kam es deshalb in der ganzen Zeit des Bestehens seiner Firma vor, daß der Zahltag verschoben oder in Raten bezahlt werden mußte. Selbst in den schlimmsten Tagen finanzieller Not hatten die Männer und Frauen des Betriebes am Freitagabend ihren verdienten Lohn, und wenn er aus dem privaten Hausgeldbeutel der Frau Schoettle bezahlt werden mußte.

Seine Arbeiter waren immer gut bezahlt; er hat das weise Wort seines großen Vorbilds Robert Bosch nie vergessen, der seinen Reichtum den hohen Löhnen zuschrieb, die er seinen Arbeitern zahlte.Wer bei Robert Schoettle im Akkord arbeitet, der kann sicher sein, daß er auf seine gute Rechnung kommt. Schlechte oder mangelhaft angesetzte Akkorde gibt es da nicht, wo der Herr des Hauses selbst jeden beliebigen Akkord an jeder beliebigen Maschine seines Betriebes ausführen kann.

Seine souveräne Beherrschung alles Handwerklichen läßt es ihn manchmal unverständlich erscheinen, wenn seine Leute schlechte Arbeit leisten oder gar "murksen". Da hallt dann ein rauhes Wort durch den Betrieb und wenn ihn ob offensichtlicher "Schlamperei" ein heiliger Zorn packt, dann möchten die Missetäter am liebsten in den Boden versinken. Denn daß der Chef einen Grund hat, wenn er schimpft, das wissen alle in der Electrostar- Familie. Sie wissen aber auch, daß er nichts "nachträgt". Rauh, aber herzlich, wie man es vielen guten Schwaben nachsagt, so gibt sich auch Robert Schöttle.

Sein warmes Herz für die arbeitenden Menschen beweist er immer wieder. Noch ehe im "Dritten Reich" die Arbeitsfront das soziale Gewissen der Betriebe pachtete und Schönheit der Arbeit predigte, hat Robert Schoettle statt hohlen Phrasen Taten vollbracht.

Er mußte nicht erst in den späteren Jahren, als es um Gau- und Reichsdiplome für vorbildliche Betriebsführung ging, seine Arbeits- und Gefolgschaftsräume den Erfordernissen der Zeit anpassen; er mußte auch kein Schwimmbad mehr für Beine Arbeiter bauen. Das alles hatte er schon viel früher getan und damit zu einer Zeit eine wahrhaft soziale Gesinnung bewiesen, als solche Gesinnung in Unternehmerkreisen noch nicht üblich oder besser: noch nicht diktiert war.

1932 schon hatte Robert Schoettle den Plan, unmittelbar neben seinen Fabrikgebäuden ein Schwimmbad für seine Arbeiter und Arbeiterinnen zu bauen. Es blieb nicht beim Plan. Im Frühjahr 1934 wurde das Schwimmbad eingeweiht und seither ist es der ganzen Electrostar-Familie sehr ans Herz gewachsen.

In diesem Frühjahr 1934 war die ganze Fabrik ein einziger Bauplatz. Die Werkstätten und Büros, die Lagerräume und der Versand brauchten allesamt mehr Platz, doppelt soviel Platz als vorher; sie sollten diesen Platz haben:

Ein geräumiger Neubau mit 3 Stockwerken und verschiedenen Nebengebäuden wurde errichtet und im Herbst 1934 betriebsfertig bezogen. Geschickt angeordnete Aufzüge und Laufbänder, eine Rohrpostanlage und eine moderne Signalanlage ließen den staunenden Besucher der neuen Räumlichkeiten erkennen, daß der Hausherr offensichtlich ein fortschrittlicher Unternehmer ist. Weit über 100000 RM. konnte Robert Schoettle für diesen Neubau aus Mitteln der Firma bereitstellen.

Electrostar, in seinem Aufstieg der übrigen wirtschaftlichen Entwicklung weit vorausgeeilt, war in der Tat "eine Oase inmitten wirtschaftlicher Not und Arbeitslosigkeit", wie der Wirtschaftsberater des Unternehmens im Sommer 1934 beim Richtfest für den Neubau treffend feststellte.

100 Arbeiter und Angestellte konnten nun ungehemmt arbeiten. Und 100 Staubsauger täglich konnte der Versand nun leicht bewältigen.