EIN GUTER BODEN: DAS SCHWÄBISCHE HANDWERK

Unter den Sprüchen und Redensarten, die die Geschicklichkeit der Handwerker aus alter Zeit preisen, sind kaum welche bekannt, die den schwäbi8chen Werkmann sonderlich loben. Das mag Zufall sein. Vielleicht hat man sie bloß. nicht aufgeschrieben, und sie sind verloren gegangen. Vor allem in den Freien Reichsstädten auf schwäbischem Boden hat's von jeher Handwerke genug gegeben. Aber das, was wir heute schwäbisches Handwerk heißen, ist erst ungefähr mit der neuzeitlichen Technik in die Welt gekommen.

Wie bei allen bedeutenden Neuerungen sind es auch hier einige wenige Männer gewesen, die das Neue erkannt und wagemutig durchgesetzt haben, von dem Pfarrer Hahn an, der von 1739 bis 1790 lebte und mit der Gründung der Onstmettinger Waagenindustrie einer der ersten "Industriegründer" in Württemberg, in Deutschland überhaupt wurde. ..jener tüchtige Gottesmann vou dem ein Dichter unserer Tage, Albrecht Goes, schreibt, "daß ein einziger Praktikus, wie der Pfarrer Philipp Matthäus Hahn, der große Uhrenmacher und Erfinder der Rechenmaschine, für eine ganze herzlich unpraktische Hundertschaft stehen mußte".

Daß man sich in Württemberg, vor ungefähr zweihundert Jahren beginnend, dem Industriehandwerk {als Gegenstück zum bürgerlichen Handwerk zuwandte, lag in der Armut des Landes. Der Ertrag des Bodens reichte nicht mehr hin, um bei zunehmender Bevölkerung alle Menschen im Schwabenland zu ernähren. Aber Bodenschätze besaß. Württemberg nicht, und die Verkehrslage war denkbar ungünstig. So konnten es die Schwaben nur durch Veredelungsarbeit zu etwas bringen. ..durch Fleiß. und Kunstfertigkeit hochwertig gewordene Erzeugnisse vertrugen allein die Anfuhr von Rohstoffen und die Abfuhr der Fertigware.

Aus den harten Notwendigkeiten des Lebens entstand das schwäbische Handwerk. Und später, als dieses Handwerk schon berühmt geworden und aus dem Handwerk Fabriken hervorgegangen waren, sorgte die Auswanderung und die Heimatliebe der ausgewanderten Schwaben ("zäh aber nicht zärtlich" bezeichnet sie ein schwäbischer Dichter) dafür, daß die Werkstätten in der alten Heimat zu tun kriegten, und daß sich der Ruf ihrer Arbeit über die ganze Welt ausbreiten konnte.

Aus einem von vielen tausend Handwerksbetrieben, aus dem Drang eines jungen Werkmeisters, selbständig zu werden und zu bleiben, ging das Unternehmen "Electrostar" hervor. Sein Gründer hatte das, was man eben haben muß, um ein Unternehmen zum Erfolg zu führen.

Neue Bedürfnisse erfühlen, erkunden, abschätzen, und sie dann durch überlegene Leistung erfüllen, darin war Robert Schoettle schon immer groß. Und das erscheint um so auffälliger, weil übertriebene Risikofreudigkeit sonst nicht zu den bemerkenswerten Eigenschaften der Schwaben gehört, und weil sie trotz aller großen und kleinen Schwabenerfindungen mehr nach der konservativen als nach der revolutionären Seite hinneigen. Wa8 Robert Schoettle künftig fabrizieren wird ?

Auf diese Frage holt er ein altes Firmenschild hervor, auf dem geschrieben steht: "Elektrotechnik und Feinmechanik". ..da bleiben die Vermutungen offen. Einen Augenblick lang denkt man an Konkurrenzkämpfe im Stil vergangener Zeiten, die so lange geführt wurden, bis lauter Geschäftsleichen das Feld bedeckten. Sind diese Zeiten vergangen und vorbei? Oder werden sie wiederkommen? Was wünschenswert bleibt, das ist der wirtschaftlich sinnvolle und notwendige Wettbewerb, ohne den es keinen Fortschritt gibt, jener Wettbewerb, zu dem sich Robert Schoettle, befragt, Warum er so viel verschiedene Sachen herstelle, mit dem schönen stolzen Wort bekennt: " Wir machen eine Sache nur wenn wir sie besser machen können als andere Leute. .."

Sieht man sich die Sachen an, die Robert Schoettle bis jetzt herstellte, So liegt da viel durcheinander. Aber eine Ordnung bringen wir leicht hinein, wenn wir anschauen, wie diese seine Erzeugnisse gemacht sind: Sie sind gut gemacht. Und sie werden allzeit gut gemacht sein!

In ein herkömmliches Schema läßt sich Robert Schoettle schwer einordnen. Er ist weder Organisator. noch Spekulant, Doch ein Eroberer, obwohl von jedem etwas. von einem mehr. Vom anderen weniger. Daß er stets seinen Vorteil zu wahren und zwar gut zu wahren wußte, versteht sich am Rande- das haben andere Leute auch versucht und getan, und die haben's nicht so weit gebracht. Glück? ...Ja, Glück hat er sicher gehabt. ..das Glück der Tüchtigen nämlich!