BEWEGTE ZEIT IM ERSTEN WELTKRIEG

Beim Ausbruch des 1. Weltkrieges erreichte Robert Schoettle. der wenige Monate zuvor mit Frl. Helene Streib, der Tochter einer angesehenen schwäbischen Bäckermeistersfamilie, den Bund der Ehe geschlossen, schon in den ersten Tagen des August 1914 der Stellungsbefehl).

Der liebgewordene Arbeitsplatz, den ihm die Maschinenfabrik Friedrich Keese in Stuttgart-Ostheim 1909 zum erstenmal und 1913 zum zweitenmal bot, mußte mit dem feldgrauen Rock vertauscht werden, den er aber nach wenigen Wochen schon infolge einer früher zugezogenen Verletzung des rechten Armes wieder ausziehen konnte, zumal ihn auch die Firma Keese als besonders tüchtigen Arbeiter reklamierte.

In der Heimat gab es für den ausgedienten Soldaten und jungen Ehemann allerdings Arbeit genug. Der eigene Haushalt brauchte ihn, der als Bub jahrelang den Haushalt des Vaters und der Geschwister versorgen mußte. zwar nicht.. den verwaltete jetzt seine glückliche Frau Helene musterhaft; aber die in die Kriegsrüstung eingespannten Betriebe rissen sich um tüchtige Facharbeiter.

Die Daimler-Motoren-Gesellschaft in Untertürkheim, die Robert Schoettle schon lange auch kennen lernen wollte, wurde zur ersten Station. Obwohl die Arbeit dort denkbar interessant war, hielt er es nicht lange aus. Der eisige Wind, der in den Wintermonaten 1915 seinen täglichen Weg über die Neckarbrücke von Ostheim her begleitete, schmerzte in dem kranken Arm maßlos und da ihm die Zündapparatefabrik Ruthardt in Stuttgart-Ost ganz in der Nähe seiner Wohnung eine Stelle als Werkzeugdreher anbot, griff er kurzerhand zu.

Die Erzeugnisse des Ingenieurs Ruthardt waren gekonnte Konstruktionen, so daß Robert Schoettle mit Eifer an die Arbeit ging. Es verging aber kaum ein Jahr, da gefiel ihm als gewerkschaftlich höchst interessierter und seine sozialistische Grundgesinnung nachdrücklich vertretender Arbeiter manches nicht mehr. Er betrachtete es als unsozial, daß Hilfsarbeiter, wie es bei Ruthardt als Folge eines fehlerhaften Akkordsystems tatsächlich der Fall war, mehr verdienten als qualifizierte, gelernte Leute.

In diese Zeit der Unzufriedenheit hinein, die durch den plötzlichen Tod seiner jungen Gattin noch verstärkt wurde. kam erneut ein Angebot der Maschinenfabrik Friedrich Keese, die den in so manchen Jahren in ihren Werkstätten erprobten Dreher und Mechaniker als Meister für die Dreherei haben wollte.

Was lag näher, als sofort zuzugreifen ? Meister - das bedeutete einen entscheidenden sozialen Aufstieg; das bedeutete Entfaltung des ganzen Wissens und Könnens, über das Robert Schoettle - er fühlte es immer wieder, wenn er sich mit seinen Kollegen verglich - verfügte!

Und doch waren Hemmungen da, die ihn zögern ließen. Einmal seine gewerkschaftliche Einstellung, die ihn nur ungern aus dem Kreis der gleich- gestellten Kollegen entließ; zum andern die Tatsache, daß er bei der Firma Keese an die Stelle eines ihm von seiner früheren Tätigkeit her als hervor- ragend tüchtig bekannten Meisters gesetzt werden sollte, den man aus unerklärlichen Gründen abschieben wollte.

Erst als diese Frage korrekt und zur Zufriedenheit geklärt war, nahm Robert Schoettle an. Doch ehe er sich Meister nennen lief!, da wollte er doch beweisen, daß er in der Tat ein rechter Meister ist. Er legte bei der Handwerkskammer Stuttgart 1917 seine Meisterprüfung ab, die er in allen Fächern, den praktischen und theoretischen, mit Auszeichnung bestand.

In Fräulein Sofie Fuchs, der Tochter eines sehr geachteten Künzelsauer Geschäftshauses, fand er nach dem frühen Tode seiner ersten Frau eine Gefährtin, die seinen Neigungen entsprach und die er just in den Tagen, da er die Meisterprüfung ablegte, zum Standesamt führte.