DER GROSSE SCHRITT: ELECTROSTAR!

Wie Robert Schoettle in dieser Zeit zu seiner Marke "Electrostar" kam, das war eigentlich ganz unproblematisch. Eines Tages war im Gedankenaustausch mit einem gerade zu Besuch weilenden schwedischen Kunden das Wort jedenfalls geboren. Und zwar mit "c" und nicht mit "k", denn seine Erzeugnisse sollen ja, wenn es weiterhin nach seinem Willen ging, hauptsächlich ins Ausland verkauft werden und dort kennt man überall das Wort Electro nur mit "c".

Die Wortmarke Electrostar wurde durch eine Bildmarke ergänzt, die einen auf zwei Spitzen stehenden fünfzackigen Stern zeigt, dessen Fläche durch einen im Kern sitzenden kleineren Stern mit fünf nach den Spitzen zugehenden Blitzzeichen unterbrochen wird. Um diesen Stern sollte sich einmal in Jahren eine Tragikomödie abspielen, von der später die Rede sein wird.
Electrostar

Vom Herbst 1925 bis zum nächsten Frühjahr wurden die Lampen in der Werkstätte Friedhofstraße erst sehr spät gelöscht und sehr früh wieder angedreht. Manche Nacht gingen sie überhaupt nicht aus, denn Robert Schoettle war von einem Arbeitsfieber gepackt, das keine Grenzen kannte. Hatte er vor vier Jahren schon, als er klein anfing, nicht über den Daumen peilend konstruiert - jetzt konstruierte und experimentierte er noch systematischer; und weil dies neben der laufenden Produktion hergehen mußte, die ihn von früh bis spät im Betrieb an den Arbeitsplätzen sah, blieben für die Arbeit an den neuen Plänen nur die Abend- und Nachtstunden und auf lange Wochen hinaus die Sonntage.

Was dabei herauskam, begründete den Weg, der das Unternehmen und den Namen "Electrostar" in der Folgezeit zu einem Begriff auf dem Gebiet des Staubsaugermarktes, zu einem Begriff sogar in der gesamten elektrotechnischen Industrie machen sollte. ..

",Kann bei der geschlossenen Bauart des Staubsaugers mit Motor, Gebläse und Staubsack in einem zylindrischen Gehäuse die Luftführung und damit die Saugleistung nicht verbessert werden ? Warum soll man durch verschiedene Motordrehzahlstufen die Saugkraft nicht regulieren können ?

Und warum soll der Staubsauger nur e i n e m Zweck dienen, nur Staub saugen? Warum soll dieser gute Motor und dieses teure Gerät seinem Besitzer nicht weitere Dienste leisten. als motorisierter Bohner z. B. und als Antriebsmaschine für Küchengeräte?"

Als ausgesprochen technisch veranlagter Mensch mit einem untrüglichen Gefühl für das Mögliche. das praktisch Durchführbare. fand Robert Schoettle in jenen Nachtstunden die Antwort auf diese Fragen: Die „Electrostar"-Haushaltmaschine. „3 Geräte in einem einzigen Gerät" vereinte sie: Den guten. alten Staubsauger. den motorisierten Bohner und ein elektromotorisches Antriebsaggregat für Küchen- und Haushaltzwecke in Verbindung mit einem sogenannten Küchengetriebe.

Und ein weiteres gelang Robert Schoettle. und wieder spielte dabei die Zahl 3 eine Rolle: Der Staubsauger mit dreifacher Drehzahlstufung und dadurch möglicher Regulierung der Saugkraft in 3 verschiedenen Stärken! In Verbindung mit einer besseren Gestaltung des Gebläses und der Luftführung im Gehäuse und einer elastischen und geräuscharmen Halterung des Motors war damit der Staubsauger als solcher ganz erheblich weiterentwickelt und in seinem Gebrauchswert gesteigert.

Als in jener regenkalten Novembernacht 1925 die besorgte Gattin. die sich mehr und mehr mit ihrem gesunden Gefühl für kaufmännische Dinge und einem klaren Blick für die verwaltungsmäßigen Fragen dem Betrieb zur Verfügung stellte, den Herrn Gemahl mit mahnenden Worten auf den Lippen in seinem Büro aufsuchte, um ihm zu sagen, es sei 2 Uhr früh und Zeit zur Nachtruhe, da fand sie einen überglücklichen Mann an der Werkbank: "Sei still, ich weiß! Aber sieh' das an! Das ist der Staubsauger, dem die Zukunft gehört. Und ich, Robert Schoettle, werde ihn bauen!"

Und er baute ihn. Freilich war auf beiden Wegen, die jede Erzeugnisentwicklung durchmessen muß, noch sehr holpriges Pflaster zu Überwinden- Der eine Weg, bis nämlich das Erzeugnis so weit ist, daß es seine technische Aufgabe mit Anstand {aber ohne Anstände. ..) erfüllt, war bald bewältigt; da bewährte sich das praktische Können des Erfinders und Konstrukteurs. Der andere Weg, das Erzeugnis auf billigste Weise herzustellen, bedurfte schon erheblich größerer Anstrengungen, denn hier war Robert Schoettle von einigen wesentlichen Zulieferern abhängig.

Mit dem Beginn des neuen Jahres 1926 konnte er seinen "Electrostar" bereits in Serie bauen, in wesentlich größeren Serien sogar als die bisherige Produktion, da die neue Bauart eine bedeutend raschere Fertigung ermöglichte.